06.05.2016 - Gedenken an das KZ-Außenlager in den Adlerwerken

 

Der Kulturdezernent
Professor Dr. Felix Semmelroth

PRESSEINFORMATION
06.05.2016

Gedenken an das KZ-Außenlager in den Adlerwerken
Staffelübergabe beim Erinnerungsprojekt der Stadt Frankfurt am Main an die Künstler Naneci Yurdagül und Thomas Müller

Die heutige Pressekonferenz ist die Auftaktveranstaltung des diesjährigen Kunstprojekts zum Gedenken an die Opfer des Konzentrationsaußenlagers in den Adlerwerken. Bei der Staffelübergabe durch Kulturdezernent Prof. Dr. Felix Semmelroth stellten die Künstler Naneci Yurdagül und Thomas Müller ihr Konzept im Rahmen einer Performance vor und Kurator Hendrik Bündge präsentierte die Werkbeschreibung.

Die Stadt Frankfurt hat über mehrere Jahre hinweg Künstlerinnen und Künstler, die sich bereits mit Themen der Erinnerungskultur beschäftigt haben, beauftragt, innovative Wege des Gedenkens zu finden. Dabei sind Konzepte entstanden, die weg führen von einem traditionellen, eher statischen Denkmalbegriff, um gerade auch jüngeren Generationen den Zugang zum Thema zu erleichtern.

„Aufklärung muss so geschehen, dass sie für alle gesellschaftlichen Gruppen einen verständlichen Zugang zur Geschichte ermöglicht, der befähigt und anregt, sich selbst mit dem Thema zu befassen“, so Kulturdezernent Prof. Dr. Semmelroth. „Gedenktafeln und Mahnmale können Leid nur bedingt transportieren. Umso wichtiger sind Aktionen wie diese, die die Stadtbevölkerung miteinbeziehen.“

Der Kulturdezernent betont weiterhin die große Bedeutung der Projekt-Reihe angesichts der damaligen Geschehnisse: „Mit den Kunstaktionen gegen das Vergessen gedenken wir der Opfer, der Toten und der Überlebenden dieses Konzentrationslagers mitten in unserer Stadt. Wir erinnern aber auch daran, dass es mitten unter uns Täter gab, die großes Leid über viele Menschen brachten.“

In den letzten Kriegsmonaten zwischen August 1944 und März 1945 wurde in den Adlerwerken im Gallusviertel ein KZ mit dem Decknamen „Katzbach“ eingerichtet, um den Rüstungsbetrieb aufrechtzuerhalten. Es waren zeitweise mehr als 1.600 Männer inhaftiert. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren unmenschlich. Viele starben während der Arbeit. Am 24. März 1945 begann der Todesmarsch der verbliebenen Gefangenen zunächst nach Buchenwald, von dort aus nach Dachau. Nur wenige erlebten die Befreiung.

Den Auftakt der Kunst-Projekt-Reihe bildete 2014 Margarete Rabow mit „Interventionen im öffentlichen Raum“. Mit einer Reihe von Aktionen und Performances lenkte Rabow den Blick auf die damaligen Geschehnisse. So ließen sich am 24. März zur Erinnerung an den Todesmarsch der Häftlinge des KZs Adlerwerke Personen an der Hauptwache zu Boden fallen, deren Umrisse dann mit Kreide nachgezeichnet wurden. Die allmählich verblassenden Umrisse verwiesen auf die gleichfalls zu verblassen drohende Erinnerung an die ermordeten Häftlinge. Bei weiteren Interventionen wurden unangekündigt Fahrgästen im öffentlichen Nahverkehr Texte zum Thema vorgelesen oder die Namen der 528 Todesopfer, die in Frankfurt begraben sind, mit weißer Schulkreide auf einen öffentlichen Platz geschrieben und im Anschluss daran mit einer analogen 16-Millimeter-Filmkamera Einzelbilder der Namen aufgenommen. Ein Film über das Projekt wurde im „Mal seh‘n Kino“ der Öffentlichkeit vorgestellt.

Mit dem Projekt „Mitten unter uns“ setzte im vergangenen Jahr Stefanie Grohs die Projekt-Reihe fort. Die Künstlerin brachte u. a. 1.600 blau-weiß gestreifte Stoffbinden, die an Häftlingskleidung erinnerten, im öffentlichen Raum an. Ziel des Projekts war es, die Bewohner und Besucher der Stadt auf die damaligen Ereignisse aufmerksam zu machen.

Das diesjährige Kunstprojekt der beiden Künstler Naneci Yurdagül und Thomas Müller trägt den Titel „Wider das Vergessen – Gedenken an das KZ-Außenlager in den Adlerwerken in Frankfurt am Main“. Die Interventionen der beiden Künstler beginnen in diesem Jahr mit Wegweisern mit der Aufschrift „KZ Adlerwerke“, die auf den Gebäudekomplex der ehemaligen Adlerwerke hindeuten. Weiterhin sind im Laufe des Jahres Plakataktionen gegen das Vergessen, Aufkleber und Sticker mit der Aufschrift „KZ Adlerwerke“ sowie ein Internetauftritt „KZ Adlerwerke“ geplant. In der FAZ soll zudem im Laufe des Jahres eine ganzseitige Anzeige erscheinen. Als Dokumentation ist ein Film zur Aktion geplant.

Im künstlerischen Werk von Naneci Yurdagül finden sich sozio-kulturelle und linguistische Themen. Die Ausdrucksformen variieren hierbei. Das Wort mit seinem Symbolcharakter beschäftigt Yurdagül und ist immer wieder Ausgangspunkt seiner Arbeiten. Hierbei wirft der Künstler Fragen auf wie etwa: Wie beeinflussen Worte unsere Wahrnehmung? Was passiert, wenn sie Bekanntes neu benennen oder aber an einer Wand isoliert für sich stehen? Seine konzeptionell ausgerichteten Arbeiten schließen Skulpturen und Installationen mit ein. Elemente dieser künstlerischen Bestrebungen im Werk von Naneci Yurdagül fließen auch in das gegenwärtige Gedenkprojekt ein.

Als Beginn des Kunstprojekts haben die Künstler Yurdagül und Müller bewusst den Monat Mai gewählt mit Blick auf das Datum 8. Mai – den Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und damit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.

 

Dezernat Kultur und Wissenschaft
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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