08.05.2025 - 80 Jahre Kriegsende – Film über die Erinnerungskultur in Frankfurt

Aufführung im Gallustheater
 

Die Kulturdezernentin
Dr. Ina Hartwig

PRESSEINFORMATION
08.05.2025

80 Jahre Kriegsende – Film über die Erinnerungskultur in Frankfurt

Vor 80 Jahren wurde Frankfurt vom Nationalsozialismus befreit. Die unvorstellbaren Verbrechen des NS-Regimes dürfen niemals in Vergessenheit geraten. Aus diesem Grund betreibt die Stadt Frankfurt bis heute eine intensive Erinnerungsarbeit.
Das Dezernat für Kultur und Wissenschaft ist seit Jahren im Austausch mit zahlreichen Initiativen, Organisationen und Vereinen im gesamten Stadtgebiet, die sich mit genau diesem „Wachhalten der Erinnerung“ beschäftigen. In ihrer fast neunjährigen Amtszeit hat Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig das Thema zu einem ihrer Schwerpunkte gemacht und stetig weiter ausgebaut. Ein neu entstandener Film des Kulturdezernats mit dem Titel: „8. Mai 2025 - 80 Jahre Kriegsende. Fünf Stationen - Erinnerungskultur in Frankfurt am Main“ zeigt auf, was in den vergangenen Jahren passiert ist und welche Rolle Erinnerungskultur inzwischen in Frankfurt spielt.

Film zeigt beispielhaft fünf Orte, an denen Frankfurt erinnert
Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig: „Eine verantwortungsvolle Erinnerungskultur ist für mich mehr als eine Herzensangelegenheit. Sie ist schlicht essentiell und unverzichtbar. Wir dürfen niemals vergessen, dass auch hier bei uns, vor der eigenen Haustür, schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden. Gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus, Hass und Rassismus auf besorgniserregende Art und Weise zunehmen und in die Mitte unserer Gesellschaft drängen, ist es von elementarer Bedeutung, für die Werte einer pluralistischen und demokratischen Welt einzustehen. Die Demokratie, in der wir heue leben, war und ist nicht selbstverständlich. Eine starke Erinnerungskultur dient auch ihrer Verteidigung.“

Der knapp 12-minütige Film zeigt - exemplarisch an fünf Orten - auf welch unterschiedliche Art und Weise in Frankfurt an die NS-Zeit erinnert wird und die Stadt sich mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzt.

Station 1: Junges Schauspiel – ein Projekt der Städtischen Bühnen
Das Junge Schauspiel Frankfurt setzt sich kreativ mit brisanten gesellschaftspolitischen, häufig historischen Themen auseinander. So entstehen anspruchsvolle, von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, oft auch generationenübergreifenden Gruppen, entwickelte Theaterstücke und das bereits seit mehreren Saisons. Unter professioneller Begleitung wenden sich die Gruppen Themen wie Heimat, Migration oder Arbeit zu. Sie stellen sie in historisch komplexe Kontexte des Nationalsozialismus und lassen ihre ganz persönlichen Ideen und Erfahrungen aus der Gegenwart in die Inszenierungen einfließen. Mit den Mitteln des Theaters kommen so Aspekte wie Vertreibung, Verfolgung, Zwangsarbeit oder Zeitzeugenschaft auf die Bühne. Die Projekte zeigen deutlich das Interesse der jüngeren Generationen an historisch-politischen Themen und Zusammenhängen und schlagen ganz reale Brücken in die Gegenwart durch die individuellen Beiträge der Beteiligten.

Station 2: Fritz Bauer Institut
Das Fritz Bauer Institut hat seinen Sitz im IG-Farben-Gebäude auf dem Campus Westend der Goethe-Universität, einem historisch belasteten Ort – so war der IG Farben Konzern maßgeblich für die Produktion des für den Massenmord in den Vernichtungslagern eingesetzten Giftgases Zyklon B verantwortlich. Das Institut wurde vor 50 Jahren gemeinsam vom Land Hessen, der Stadt Frankfurt und dem Förderverein Fritz Bauer Institut e.V. gegründet und steht bis heute für faktenbasierte Erinnerungskultur. Hier wurde und wird wichtige Forschungsarbeit geleistet zur Wirkung und Geschichte des Holocaust. Das Fritz Bauer Institut trägt maßgeblich dazu bei, die Bedeutung der Erinnerungsarbeit im „Land der Täter“ mit wissenschaftlichen Fakten zu hinterlegen. Es führt wichtige Forschungsprojekte durch zu Themen wie Arisierung, Homosexuellenverfolgung, dem in Frankfurt ansässigen KZ in der Adlerwerken „Katzbach“ und vielen weiteren. Namensgeber des Instituts ist der berühmte hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der dafür gesorgt hat, dass in Frankfurt von 1963 bis 1965 der erste Ausschwitz-Prozess stattfand, in dem erstmals Täter des NS-Staates vor einem deutschen Gericht angeklagt wurden.
https://www.fritz-bauer-institut.de/geschichte

 

Station 3: Geschichtsort Adlerwerke: Fabrik, Zwangsarbeit, Konzentrationslager
Auch der Geschichtsort Adlerwerke hat seinen Sitz an einem authentischen Ort der Verbrechen. Die Erinnerungs- und Bildungsstätte ist in den ehemaligen Adlerwerken angesiedelt und zeichnet den Weg der traditionsreichen Fabrik durch die Jahre des Nationalsozialismus nach. Dieser ist geprägt von „Arisierung“, Zwangsarbeit und Konzentrationslager. Tausende Menschen aus verschiedenen Nationen wurden dort unter unmenschlichen Bedingungen zur Zwangsarbeit in der nationalsozialistischen Rüstungsindustrie gezwungen, darunter auch 1.616 vor allem polnische Häftlinge. Nach dem Ende des Krieges wurden die Verbrechen in den Adlerwerken wie auch an vielen anderen Stellen der Zwangsarbeit in Frankfurt totgeschwiegen. Über 30 Jahre währte das zivilgesellschaftliche Engagement, das die Einrichtung eines dauerhaften Ortes der Erinnerung vor Ort im Gallus forderte. Im März 2022 konnte dann endlich der Geschichtsort Adlerwerke von Ina Hartwig zusammen mit den letzten Überlebenden des KZ und vielen engagierten Vorkämpfern eröffnet werden. Seitdem hat sich die Bildungs- und Erinnerungsstätte zu einer festen Institution der Erinnerungskultur in Frankfurt und ganz Hessen etabliert. Im März 2025, anlässlich des 80. Jahrestages der Auflösung des KZ in den Adlerwerken fand unter maßgeblicher Mitwirkung des Kulturdezernats das umfangreiche, kommunenübergreifende Veranstaltungsprogramm „80 Jahre Todesmarsch“ statt. Dieses zeichnete mit zahlreichen Veranstaltungen die einstige Route des Fußmarsches nach, auf den die ausgemergelten und erschöpften Häftlinge von Frankfurt über Gelnhausen, Schlüchtern, Fulda bis nach Hünfeld in Osthessen kurz vor der Einnahme der Stadt durch die Alliierten geschickt wurden. Zu der zentralen Gedenkveranstaltung in der Paulskirche kamen rund 20 Angehörige von Überlebenden aus aller Welt. Darunter auch Jennifer Hauwert-Swistak aus Melbourne in Australien, eine Angehörige eines KZ-Häftlings, die auch in dem neuen Film zu sehen und zu hören ist.
https://geschichtsort-adlerwerke.de

Station 4: Hochbunker in der Friedberger Anlage
Das Frankfurter Ostend war bis in die NS-Zeit ein durch und durch jüdisch geprägtes Stadtviertel. Vieles dort erinnert heute noch an das rege jüdische Leben. So auch der Hochbunker an der Friedberger Anlage. Dieser Bunker wurde 1942 von französischen Zwangsarbeitern errichtet – als Schutzraum für die deutsche Bevölkerung, Jüdinnen und Juden waren ausgeschlossen. Der Hochbunker wurde genau dort errichtet, wo bis 1938 eine große, prächtige Synagoge stand, die während der November-Pogrome durch Brand und Plünderung völlig zerstört wurde.
Jedes Jahr von April bis November ist der Bunker für die Öffentlichkeit zugänglich und beleuchtet in mehreren Dauer- und Wechselausstellungen verschiedene historische Themen. Es ist ein Ort lebendiger Arbeit der Vereine und der tiefverwurzelten Frankfurter Tradition Bürgerschaftlichen Engagements. Dahinter stehen zahlreiche Personen, die sich mit Herzblut und großem Verantwortungsgefühl für die Aufarbeitung und Vermittlung der Geschichte einsetzen, so wie die 1988 gegründete und im Hochbunker Friedberger Anlage tätige Initiative 9. November e.V.

Station 5: Die Jüdische Gemeinde Frankfurt
Die Jüdische Gemeinde Frankfurt ist für die Stadt Frankfurt von herausragender Bedeutung. Als eine der größten Gemeinden im Land ist sie eine wichtige Stimme im städtischen Diskurs. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Frankfurt die zweitgrößte jüdische Gemeinde in ganz Deutschland. Die Nationalsozialisten zerschlugen sie und vertrieben, deportierten oder ermordeten fast alle Jüdinnen und Juden der Stadt, so dass es keine historische Kontinuität gab, die Gemeinde nach dem Krieg vielmehr neu begründet werden musste. Die bedeutende Rolle, die Frankfurter Jüdinnen und Juden in der Geschichte der Stadt spielten, nicht zuletzt als Stifterinnen und Stifter, wurde nach 1933 in Frankfurt in beschämender Geschwindigkeit vergessen. Durch Restitutionen von bedeutenden Objekten aus den früheren Frankfurter Synagogen an die heutige Jüdische Gemeinde übernimmt Frankfurt die Verantwortung für die eigene Geschichte und verankert die jahrhundertelange jüdische Tradition erneut im öffentlichen Bewusstsein.

„Authentische Erinnerungskultur kann nur von vielen Schultern getragen werden“
Der 2025 gedrehte Film wird am 8. Mai veröffentlicht – am 80. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus. Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig möchte sich damit auch bedanken: „Gute, authentische Erinnerungskultur kann nur entstehen, wenn sie von vielen Schultern getragen wird. All die vielen kleinen und großen Einrichtungen, Organisationen, Vereine und Initiativen tragen entscheidend dazu bei, dass die Erinnerung in Frankfurt lebendig bleibt und wir im Stadtbild an vielen Orten regelmäßig damit konfrontiert werden, was hier in Frankfurt passiert ist. Das ist unbequem und manchmal unangenehm, aber es trägt dazu bei, zu verstehen, dass sich diese Geschichte nie wiederholen darf.“

Der Film „8. Mai 2025 - 80 Jahre Kriegsende. Fünf Stationen - Erinnerungskultur in Frankfurt am Main“ ist ab sofort hier zu sehen: https://t1p.de/erinnerungffm

 

Dezernat Kultur und Wissenschaft
Pressesprecherin und Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit
Hanna Immich
Hausanschrift: Brückenstraße 3-7, 60594 Frankfurt am Main
Telefon: +49 69 212 49232; +49 171 1769719
E-Mail: hanna.immich@stadt-frankfurt.de

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