Donnerstag, 22. Mai

18.30 Uhr
Martin Kordic "Wie ich mir das Glück vorstelle"
Moderation: Torsten Hoffmann
Ort: Blackrock, Bockenheimer Landstraße 2 – 4
Eintritt: 8 / 6 Euro


Existiert eine zeitlose Realität von Krieg und Gewalt jenseits realer historischer Ereignisse? In Martin Kordics „Wie ich mir das Glück vorstelle“ erzählt der Waisenjunge Viktor von Kämpfen, die es tatsächlich gab und die doch seltsam ent­rückt wirken. Wo und wann fand dieser Krieg statt? Und wer kämpfte gegen wen und aus welchem Grund? In den Augen eines Kindes sind derartige Fragen nebensächlich. Mit den Mitteln eines hochartifiziellen Sprachpurismus erzeugt der Roman einen Schwebezustand, der nur vereinzelt Rück­schlüsse auf Zeit und Ort des Geschehens zulässt. Victors kindliche Aufzeichnungen abstrahieren von der konkreten Geschichte des Bosnienkriegs, gewinnen gerade darüber aber eine eigentümliche Präsenz und erzählen eindrucksvoll von den schmerzhaften Erfahrungen der Kriegsopfer.

Martin Kordic, geboren 1983 in Celle, arbeitet als Lektor in Köln. „Wie ich mir das Glück vorstelle“ (Hanser, 2014) ist sein erster Roman.
Torsten Hoffmann ist Juniorprofessor am Institut für deutsche Literatur und ihre Didaktik an der Goethe­-Universität Frankfurt am Main.

18.30 Uhr
Der Meister der Zeit. Ein Abend für Peter Kurzeck
Rudi Deuble, Jörg Döring & Christoph Schröder
Moderation: Harry Oberländer
Ort: Morgan, Lewis & Bockius LLP, Bockenheimer Landstraße 2 – 4
Eintritt: 8 / 6 Euro


Die Zeit war ihm eine Obsession. Wir, die wir fortan ohne ihn sein müssen, wissen erst jetzt, dass er eigentlich immer gegen die vorbeirasende, die vernichtende Zeit angeschrieben hat. Kurzeck, der große Chronist des „alten Jahrhunderts“, wollte die „ganze Zeit erzählen, immer“ (Christoph Schröder). Er dehnte den Augenblick ins Unendliche, arretierte das Flüchti­ge und bewahrte das Vergehende vor dem Vergessen. Kaum einer hat die Ambivalenz aus Moment und Kontinuum so eingefangen wie er. Jörg Döring, Christoph Schröder, Rudi Deuble und Harry Oberländer werfen einen Blick auf das geschriebene und gesprochene Werk, auch auf den noch zu veröffentlichenden Nachlass und suchen eine kritische Würdigung der Rolle Kurzecks in der deutschsprachigen Literatur. Eine Veranstaltung des Hessischen Literaturforums im Mousonturm e.V. im Rahmen von literaTurm 2014.

Rudi Deuble arbeitet seit 1990 für den Verlag Stroemfeld /Roter Stern und war der Lektor von Peter Kurzeck.
Jörg Döring ist Professor für Neuere deutsche Philologie, Medien-­ und Kulturwissenschaft an der Universität Siegen.
Christoph Schröder lebt als Autor und freier Kritiker in Frankfurt am Main.
Der Lyriker Harry Oberländer leitet das Hessische Literatur­forum im Mousonturm.

18.30 Uhr
Najem Wali "Bagdad Marlboro"
Moderation: Stefan Weidner
Deutsche Lesung: Jochen Nix
Ort: K&L Gates LLP, Bockenheimer Landstraße 2 – 4
Eintritt: 8 / 6 Euro


Ein Jahr nach dem Einmarsch der Amerikaner in den Irak wird der Erzähler in Bagdad von einem Unbekannten kontaktiert. Der ehemalige Leutnant der US­Armee war während des zwei­ten Golfkriegs an der Tötung wehrloser irakischer Soldaten beteiligt. Nun möchte er dem Erzähler ein Heft übergeben, in dem die Träume und Wünsche jener Soldaten verzeichnet sind – er will Buße tun und die Namen der Opfer vor dem Ver­gessen retten. Najem Wali erzählt von beiden Seiten der Front, davon, dass Kriege niemals gerecht sind, wie blind Geschichte sich wiederholt – und wie man mit Literatur dagegen ankämpfen kann. Eine Veranstaltung der LITPROM – Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V. im Rahmen von literaTurm 2014.

Najem Wali, 1956 in Basra im Irak geboren, flüchtete 1980 nach Deutschland, nachdem der Iran-­Irak-­Krieg ausge­brochen war. Er arbeitet als Journalist und freier Autor. In deutscher Übersetzung erscheinen seine Werke im Hanser
Verlag, zuletzt 2014 der Roman „Bagdad Marlboro“.
Stefan Weidner ist Autor, Publizist und Übersetzer.
Jochen Nix ist Schauspieler und Sprecher und lebt in Frankfurt am Main.

20 Uhr
Peter Wawerzinek "Schluckspecht"
Moderation: Christoph Schröder
Ort: Blackrock, Bockenheimer Landstraße 2 – 4
Eintritt: 8 / 6 Euro


Jack London trank und schrieb „König Alkohol“. Hans Fallada trank und schrieb „Der Trinker“. Peter Wawerzinek trank und schreibt den „Schluckspecht“. Trinkerromane sind fast immer von einer radikalen Existenzialität, wie sie nur erreicht, wer das Leben bis zum letzten Tropfen auskostet. Wawerzinek, dieser Berserker des Erzählens, widersetzt sich mit seinem hämmernden, rhythmisierten Schreiben der heute so gän­gigen Lakonie und Kühle. Ohne Scheu und Scham schreibt er von seiner Alkoholsucht mit ihren Euphorien und immer tieferen Abstürzen. Doch anders als viele große Dichtersäufer wagt das Alter Ego im „Schluckspecht“ den Entzug und rettet damit sein Leben. Mehrere Jahre in einer Suchtklinik sind der Preis. „Am Anfang“, schreibt Wawerzinek, „ist der Säufer noch Mensch. Am Ende ist dieser Mensch nur noch Säufer.“

Christoph Schröder lebt als Autor und freier Kritiker in Frankfurt am Main.
Peter Wawerzinek lebt als freier Schriftsteller, Regisseur und Hörspielautor in Berlin. Mit seinem Roman „Rabenliebe“, dem Vorgänger von „Schluckspecht“ (2014, beide Galiani), stand er auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2010, für einen Auszug daraus wurde er im selben Jahr mit dem Ingeborg­-Bachmann-­Preis ausgezeichnet.

20 Uhr
Martin Mosebach "Das Blutbuchenfest"
Moderation: Uwe Wittstock
Ort: K&L Gates LLP, Bockenheimer Landstraße 2 – 4
Eintritt: 8 / 6 Euro


Mit „lässiger Meisterschaft“ (SZ) leuchtet Martin Mosebach in seinem neuen Roman urbane Milieus aus und ist damit endgültig zu dem großen Gesellschaftserzähler unserer Zeit geworden. Es sind die frühen 90er Jahre und das Frankfurter Bürgertum lässt die Korken knallen. Die Spuren der Party beseitigt die bosnische Putzfrau Ivana. Sie ist so etwas wie das Band, das all die irrlichternden Figuren, die Ivana ihren seelischen und realen Dreck vor die Füße kippen, verbindet. Ein Opfer der Gesellschaft ist die patente und stolze Bosnierin allerdings nicht. Dann aber bricht in ihrer Heimat der Krieg aus. Für das Thema Zeit im Roman ist „Das Blutbuchenfest“ eine wahre Fundgrube: Die Simultanität der ungleichen Ereignisse ist durchsetzt von anachronistischen Einschüben, wodurch die Vorgabe des realistischen Erzählens gleichsam unter­ laufen wird.

Martin Mosebach ist Träger des Georg­-Büchner­-Preises und lebt als freier Schriftsteller in Frankfurt am Main. „Das Blut­buchenfest“ (Hanser, 2014) war für den Preis der diesjährigen Leipziger Buchmesse nominiert.
Uwe Wittstock ist Literaturchef beim Magazin Focus.

20 Uhr
Dietmar Dath "Feldeváye"
Moderation: Stephan Porombka
Ort: Morgan, Lewis & Bockius LLP, Bockenheimer Landstraße 2 – 4
Eintritt: 8 / 6 Euro


Ein ganzes Universum zwischen zwei Buchdeckeln: Nach „Die Abschaffung der Arten“ und „Pulsarnacht“ legt Diet­mar Dath in diesem Frühjahr erneut einen hochkomplexen Science­ Fiction­Roman vor, der alle Grenzen von Raum und Zeit sprengt. „Feldeváye“ erzählt die epische Geschichte einer Wiederkehr: In ferner Zukunft hat die Menschheit unbekannte Sonnensysteme kolonisiert und Kontakt zu außerirdischen Spezies aufgenommen. Doch der Preis für den Fortschritt ist hoch: Die Kunst hat schon vor Jahrhunderten aufgehört zu existieren, Musik und Literatur sind im Abgrund der Geschichte versunken. Bis die Kunst auf einem abgelegenen Planeten namens Feldeváye plötzlich zurückkehrt – und einem jungen Mädchen einen neuen Blick auf sich selbst und die Welt eröffnet.

Dietmar Dath ist Schriftsteller, Übersetzer und Redakteur im Feuilleton der F.A.Z. Sein Roman „Die Abschaffung der Arten“ (Suhrkamp) stand auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2008.
Stephan Porombka ist Autor und Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Universität der Künste Berlin.